Rätselhafte Pupillenerweiterung auf Vergleichsfotos: Stress oder Drogen?

Grosse Pupillen

In den Anfängen meiner Tätigkeit als Sachverständiger fiel mir auf den Vergleichsfotos der Beschuldigten häufig auf, dass diese riesige Pupillen hatten – zeitweise sogar trotz Lichteinwirkung durch den verwendeten Fotoblitz. Diese Vergleichsfotos wurden fast ausschließlich von Ermittlungsbeamten oder Richtern aufgenommen. Diese Beobachtung weckte meine Neugier und ich begann, die Ursache dieses Phänomens zu hinterfragen.

Nach eingehender Recherche stieß ich auf faszinierende wissenschaftliche Studien, die ein mögliches Zusammenspiel verschiedener Faktoren in diesem Zusammenhang beleuchteten.

Grosse Pupillen DrogenGanz einfach – Stress. Große Pupillen sind oft eine typische Stressreaktion. Wenn der Körper in einen Stress- und damit in einen Ausnahmezustand versetzt wird, hat dies oft eine massive Erweiterung der Pupillen zur Folge. Die Ursache hierfür liegt in der Stimulierung des Sympathikus, der angeregt wird, den Botenstoff Noradrenalin auszuschütten. Für den Körper bedeutet das „Gefahr“ und signalisiert eine erhöhte Aufmerksamkeit, was wiederum zu einer Erweiterung der Pupillen führt. Und was setzt eine Person mehr unter Stress als ein laufendes Ermittlungsverfahren?

Doch was, wenn die Ursache nicht stressbedingter Natur ist? Könnten große Pupillen vielleicht auch ein Hinweis auf Drogenkonsum sein? Bei meiner Untersuchung verschiedener Ursachen für große Pupillen entdeckte ich, dass neben Stress auch Drogeneinfluss, gesundheitliche Zustände und psychische Faktoren eine Rolle spielen können.

Ein besonders häufiger Drogenkonsum, der zu erweiterten Pupillen führen kann, ist der Konsum von Stimulanzien wie Amphetaminen oder Ecstasy. Diese Substanzen erhöhen den Dopaminspiegel im Gehirn und können somit die Pupillen vergrößern. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass große Pupillen allein kein eindeutiges Zeichen für Drogenkonsum sind, da sie auch durch andere Faktoren verursacht werden können.

Die Pupillen, jener zentrale, schwarze Teil der Augen, der sich bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen vergrößert und verkleinert, um die Menge des einfallenden Lichts zu regulieren, reagieren empfindlich auf verschiedene Einflüsse. Drogenkonsum ist einer der Hauptverursacher ungewöhnlich erweiterter Pupillen. Bestimmte Substanzen wirken auf das zentrale Nervensystem und können dadurch die Pupillengröße beeinflussen.

Beispiele für Drogen, die die Pupillen erweitern, sind stimulierende Substanzen wie Amphetamine, Methamphetamin und Kokain. Diese Drogen erhöhen die Aktivität von Neurotransmittern wie Dopamin, Noradrenalin und Serotonin, was zu einer signifikanten Pupillenerweiterung führt (Brensilver, Shoptaw & Heinzerling, 2013). Ähnlich wirken Halluzinogene wie LSD, Psilocybin (Zauberpilze) und Mescalin, die die Aktivität von Serotoninrezeptoren im Gehirn beeinflussen und dadurch ebenfalls große Pupillen verursachen können (Halberstadt, 2015). Ein weiteres Beispiel ist MDMA, auch bekannt als Ecstasy, ein psychoaktives Stimulans und Entaktogen, das durch die Freisetzung von Serotonin, Dopamin und Noradrenalin im Gehirn zu erweiterten Pupillen führen kann (Simmler, Liechti & Vollenweider, 2013).

Nicht nur Drogen, sondern auch medizinische Zustände können die Pupillen beeinflussen. Aniridie, eine seltene genetische Erkrankung, bei der die Iris teilweise oder vollständig fehlt, führt zwangsläufig zu großen Pupillen (Netland, Scott & Boyle, 2011). Ebenso kann das Adie-Syndrom, eine neurologische Störung, bei der eine oder beide Pupillen ungewöhnlich groß und langsam in der Reaktion auf Licht sind, die Pupillengröße verändern (Kawasaki, 2009). Traumatische Mydriasis tritt auf, wenn eine Verletzung des Auges oder des Kopfes die Pupillen erweitert; dies kann durch eine Schädigung der Iris oder des Ziliarmuskels verursacht werden (Yazici et al., 2015).

Auch psychische Zustände und Reaktionen tragen zur Veränderung der Pupillengröße bei. Stress ist ein klarer Auslöser, der durch die Aktivierung des sympathischen Nervensystems eine „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion hervorruft und somit die Pupillen erweitert (Bitsios, Szabadi, & Bradshaw, 2004). Schockzustände, sei es emotional oder körperlich, können ebenfalls zu dieser Aktivierung führen (Hammel et al., 2009). Auch Angst und Erregung, die das sympathische Nervensystem stimulieren, resultieren häufig in großen Pupillen (Steinhauer, Siegle, Condray, & Pless, 2004).

In der Praxis nutzen Polizeibeamte einfache Methoden, um den Einfluss von Drogen zu überprüfen. Beispielsweise wird oft eine Taschenlampe ins Auge der verdächtigen Person geleuchtet, da das Verhalten der Pupillen auf die Lichtquelle hin rasch Aufschluss über möglichen Drogenkonsum gibt. Unter normalen Umständen ziehen sich die Pupillen bei starker Beleuchtung zusammen. Bei Menschen unter Drogeneinfluss kann diese Reaktion jedoch ausbleiben oder erheblich langsamer erfolgen, was sich bei einer kurzen Untersuchung schnell feststellen lässt.

Es ist jedoch essenziell, sich auch der Tatsache bewusst zu sein, dass vergrößerte Pupillen nicht zwangsläufig auf den Konsum von Drogen hinweisen. Schockzustände, diverse Krankheiten und psychische Ausnahmesituationen können ähnliche Symptomatiken hervorrufen. Um das Phänomen vollständig zu erfassen und Missverständnisse zu vermeiden, ist eine gründliche Untersuchung und, wenn nötig, eine medizinische Abklärung unumgänglich. So kann vermieden werden, dass stressbedingte Reaktionen fälschlicherweise als Drogenkonsum interpretiert werden und umgekehrt.

Quellen für diesen Beitrag: Bitsios, P., Szabadi, E., & Bradshaw, C. M. (2004). The fear-inhibited light reflex: importance of the anticipation of an aversive event. International Journal of Psychophysiology, 52(1), 87-95. Brensilver, M., Shoptaw, S., & Heinzerling, K. (2013). Pharmacotherapy of amphetamine-type stimulant dependence: an update. Drug and Alcohol Review, 32(5), 449-460. Halberstadt, A. L. (2015). Recent advances in the neuropsychopharmacology of serotonergic hallucinogens. Behavioural Brain Research, 277, 99-120. Hammel, H. T., Hardy, J. D., & Fusco, M. M. (2009). Partitional calorimetric studies of man during exposures to thermal transients. Journal of Applied Physiology, 14(3), 377-384. Kawasaki, A. (2009). Disorders of pupillary function, accommodation, and lacrimation. In Neuro-ophthalmology (Vol. 102, pp. 149-168). Karger Publishers. Netland, P. A., Scott, M. L., & Boyle, J. W. (2011). Aniridia. In The Pediatric Glaucomas (pp. 237-249). Kugler Publications. Simmler, L. D., Liechti, M. E., & Vollenweider, F. X. (2013). Interactions of selective serotonin reuptake inhibitors with the serotonin 5-HT2c receptor. Psychopharmacology, 227(4), 639-652. Steinhauer, S. R., Siegle, G. J., Condray, R., & Pless, M. (2004). Sympathetic and parasympathetic innervation of pupillary dilation during sustained processing. International Journal of Psychophysiology, 52(1), 77-86. Yazici, B., Uslu, H., Kizilkilic, O., Alagoz, G., & Taskapili, M. (2015). Traumatic mydriasis and cyclodialysis cleft associated with posterior scleral rupture. Case Reports in Ophthalmological Medicine, 2015.