Obgleich es eine faszinierende und teils makabre Fragestellung bleibt, ob der Besitz eines menschlichen Schädels grundsätzlich zulässig ist, entfaltet sich dahinter ein dichter, fast labyrinthischer Wald aus ethischen, juristischen und kulturellen Überlegungen. Ermittlungsbehörden, Juristen und auch passionierte Privatpersonen, die sich gelegentlich mit der Konfrontation menschlicher Überreste auseinandersetzen, sei es im Rahmen forensischer Untersuchungen, wissenschaftlicher Studien oder aus intensiver Sammelleidenschaft, stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Mit meiner langjährigen Expertise und tiefgehenden Kenntnis dieser Materie beabsichtige ich, im Folgenden die rechtlichen, ethischen und kulturgeschichtlichen Grundlagen umfassend zu beleuchten und das in einem neutral formulierten, wenn auch explizit differenzierten Leitfaden darzustellen, der all jene ansprechen soll, die sich intensiver mit dem Phänomen Totenkult auseinandersetzen möchten.
ERWERB UND BESITZ MENSCHLICHER SCHÄDEL: EIN UMFASSENDER LEITFADEN
Grundsätzlich: Ja, es ist legal, einen menschlichen Schädel zu besitzen, allerdings stets vor dem Hintergrund eines vielschichtigen Gefüges aus ethischen Prinzipien und juristischen Bestimmungen, die den unbedingten Respekt vor den Verstorbenen betonen. Die Provenienz eines Schädels, im wissenschaftlichen Diskurs häufig als “provenance” bezeichnet, spielt hierbei eine elementare Rolle. Ein Schädel, der aus illegalen Quellen stammt, ist, selbst wenn er der Forschung dienen könnte, in rechtlicher Hinsicht kompromittiert. Mein Leitfaden soll als verlässliche, interdisziplinär fundierte Informationsquelle dienen, und zwar basierend auf den aktuell geltenden Gesetzen, den ethischen Standards sowie einer kritischen Bewertung kultureller Kontexte. Dabei wird eine ausgewogene Perspektive zwischen der wissenschaftlichen Relevanz, der kulturellen Bedeutung und dem unantastbaren Respekt vor den Verstorbenen angestrebt.
Angesichts des sich kontinuierlich wandelnden rechtlichen und gesellschaftlichen Umfelds passt sich dieser Leitfaden flexibel den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen an. Er bildet somit eine fundierte Basis für informierte und reflektierte Entscheidungen. Ziel ist es, einen verantwortungsbewussten Umgang mit menschlichen Überresten zu fördern, indem sämtliche relevanten Aspekte, von der forensischen Methodik bis zur ethischen Reflexion, zusammengeführt und detailliert erläutert werden. In der wissenschaftlichen Gemeinschaft genießen menschliche Überreste, insbesondere im Bereich der forensischen Anthropologie und Archäologie, einen hohen Stellenwert, obwohl es keine einheitlichen expliziten gesetzlichen Regelungen zur Kontrolle dieser Praktiken gibt. Der Umgang mit Überresten variiert signifikant je nach Kontext, ob in spezialisierten Forschungseinrichtungen, universitären Laboratorien oder in der privaten Sammlung passionierter Enthusiasten.
Ein besonders delikater Aspekt ist die Einhaltung der Mindestruhezeit gemäß den Bestimmungen des Bestattungsrechts, konkret etwa nach § BestattG. Diese Fristen, die in den einzelnen Bundesländern variieren, basieren auf spezifischen verfahrensrechtlichen Vorschriften und werden in den jeweiligen Bestattungs- und Friedhofsgesetzen geregelt. So beträgt in Baden-Württemberg, Brandenburg und Hessen die vorgeschriebene Mindestruhezeit 15 Jahre, wohingegen in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen eine Frist von 20 Jahren als Mindeststandard gilt. Im Saarland variiert diese Ruhezeit, abhängig vom Alter des Verstorbenen, zwischen sechs und 15 Jahren. Üblicherweise wird diese Frist in enger Abstimmung zwischen dem zuständigen Friedhofsbetreiber und dem Gesundheitsamt bestimmt, wobei auch die zu erwartende Verwesungsdauer eine maßgebliche Rolle spielt. Ein Umstand, bei dem der symbolische “Spatenstich” mehr verrät als jede noch so präzise Verordnung.
Unter optimalen Bodenbedingungen, in einem Milieu mit guter Drainage und ausgewogenem pH-Wert, dauert es etwa vier bis sieben Jahre, bis sich ein menschlicher Körper vollständig zersetzt hat. Unter ungünstigen klimatischen und geologischen Umständen kann dieser Prozess jedoch über 30 Jahre in Anspruch nehmen. Besonders in extrem feuchten Böden oder in lehmhaltigen Substraten kann es zur Bildung sogenannter Wachsleichen kommen, ein Phänomen, bei dem der Verwesungsprozess quasi zum Stillstand kommt. Ohne den ausreichenden Sauerstoffzufluss transformieren sich die in den Hautfetten enthaltenen Substanzen in Leichenlipide, die sich als weiße, krümelige Substanz im Gewebe ablagern und somit eine natürliche Verwesung verhindern. Im Bestattungsrecht hingegen wird unter dem Terminus “Leiche” ein weitgehend intakter menschlicher Körper verstanden, bei dem der natürliche Zerfallsprozess gerade erst in den Anfängen steckt. Diese differenzierte Definition ist besonders relevant, wenn es darum geht, Leichen, beispielsweise Plastinate, wie sie in der “Körperwelten” Ausstellung präsentiert werden, von den strengen Bestattungsvorschriften auszunehmen, da sie primär ästhetischen und anatomischen Zwecken dienen und nicht dem letztendlichen Ruhemodus.
Die meisten auf dem Markt oder in wissenschaftlichen Sammlungen anzutreffenden Schädel stammen aus Epochen, die zwischen 100 und 2000 Jahren zurückliegen. Nur neuere Lehrschädel und Skelettmaterialien, häufig aus sogenannten Drittländern, weisen einen jüngeren Ursprung auf. Zur präzisen Altersbestimmung kommen eine Vielzahl forensischer und archäologischer Methoden zum Einsatz, von der klassischen stratigraphischen Analyse über die Auswertung der Knochenmikrostruktur (Histomorphometrie) bis hin zur Radiokarbon Datierung (C14 Datierung). Diese Techniken beruhen auf fundiertem Fachwissen und intensiver empirischer Forschung. Das akkurate Einhalten der Ruhezeiten und die strikte Beachtung der damit verbundenen rechtlichen Vorgaben sind unabdingbar, um den gesetzlichen Rahmen zu wahren und zugleich die ethischen Standards im Umgang mit menschlichen Überresten zu sichern.
Doch kommen wir nun zur zentralen Säule der deutschen Gesetzgebung: § 168 StGB, der die Störung der Totenruhe regelt. Dieser Paragraf kriminalisiert das unsittliche und respektlose Eindringen in das “heilige Gefüge” der Totenruhe, wobei sowohl die Leichen als auch die Grabschändung unter Strafe fallen. Bereits der Versuch, wie in § 168 Absatz 3 StGB verankert, wird strafrechtlich verfolgt. Das Gebot der Totenruhe untersagt willkürliche Eingriffe in den Leichnam oder in die Asche Verstorbener und fordert, dass die sterblichen Überreste möglichst lange am ursprünglichen Bestattungsort verbleiben. Ein Prinzip, das den hohen Stellenwert der postmortalen Würde betont. Neben dieser strafrechtlichen Norm greifen auch bestattungsrechtliche Vorschriften, die explizit Ruhezeiten für Leichen und Urnen festlegen, in den Schutz der Totenruhe ein. Wer sich unbefugt an den Überresten eines Verstorbenen vergreift, sei es durch Entfernung, Manipulation oder anderweitig beschimpfenden Unfug, riskiert Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren oder erhebliche Geldstrafen. Ebenso wird die Beschädigung oder Zerstörung von Aufbahrungsstätten, Beisetzungsstätten oder öffentlichen Totengedenkstätten streng geahndet, wobei auch hier der Versuch strafrechtlich verfolgt wird.
Nach überwiegender juristischer Auffassung findet dieser Tatbestand nur dann Anwendung, wenn der Leichnam noch in seiner postmortalen Erscheinung erkennbar ist und die Ruhezeit erheblich gestört wird. Entscheidend ist zudem, dass die Überreste einem bestimmten Individuum eindeutig zugeordnet werden können, was in den meisten Fällen eine Herausforderung darstellt. Eine Störung der Totenruhe kann demnach nur dann angenommen werden, wenn insbesondere Gräber gewaltsam geöffnet oder an Leichen beziehungsweise Leichenteilen erheblich respektloser Unfug verübt wird. Solche Beschimpfungen setzen stets einen direkten Bezug zum ehemals lebenden Subjekt oder dessen charakteristischen Merkmalen voraus.
Analog verhält es sich mit § 189 StGB, der die Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener thematisiert. Um diesen Tatbestand zu erfüllen, genügt nicht jede kritische oder negative Wertung; es bedarf einer besonders schwerwiegenden Beleidigung, die das Andenken des Verstorbenen in unzumutbarer Weise herabwürdigt. Auch hier drohen Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren oder entsprechende Geldstrafen.
Erwähnenswert ist auch der viel zitierte § 259 StGB, der im Kontext der Hehlerei beim Erwerb eines Schädels relevant werden kann. Hierbei muss der Käufer als Mitstörer im Sinne der strafrechtlichen Zurechnung zumindest mit bedingtem Vorsatz handeln. Das heißt, er muss wissen oder zumindest billigend in Kauf nehmen, dass der Schädel durch eine rechtswidrige Tat erlangt wurde.
Die Einhaltung der postmortalen Ruhezeiten ist im deutschen Bestattungsrecht von fundamentaler Bedeutung. Diese Zeiten, die je nach Bundesland variieren, werden als Schutzmechanismus für die Totenruhe verstanden. In Baden-Württemberg, Brandenburg und Hessen beträgt die gesetzliche Mindestdauer 15 Jahre, während in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen eine Mindestfrist von 20 Jahren gilt. Bei der Untersuchung menschlicher Schädel, sei es im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen, zollrechtlicher Kontrollen oder aus rein akademischem Interesse, empfiehlt sich eine systematische Vorgehensweise, die eine präzise zeitliche und geografische Einordnung sowie die Berücksichtigung aller relevanten rechtlichen Aspekte ermöglicht.
Die initiale Phase einer solchen Untersuchung beginnt mit einer eingehenden visuellen Inspektion, um potenzielle kriminalistische Hinweise aufzuspüren. Die detaillierte Analyse der angewandten Präparationstechniken und der verwendeten Materialien kann Rückschlüsse auf die Provenienz des Schädels zulassen. Veränderungen an den Knochen, wie beispielsweise Mineralisierungen oder erosive Spuren, liefern entscheidende Hinweise zum Alter des Schädels und zur Umwelt, in der er sich befand. Details, die oft erst unter dem Mikroskop sichtbar werden und mittels chemischer Analysen weiter untersucht werden können, bieten wertvolle Erkenntnisse. Zahnanalysen, etwa die Auswertung von Abriebspuren an den Molaren, erlauben Rückschlüsse auf historische Ernährungsgewohnheiten, während moderne zahnärztliche Restaurationen wie Implantate einen Hinweis auf eine jüngere, postmortale Modifikation liefern können. Solche Untersuchungen können zudem genetische Informationen freilegen, die zur Bestimmung ethnischer Herkunft und verwandtschaftlicher Beziehungen herangezogen werden.
Zur präzisen Datierung eignet sich insbesondere die Radiokarbonmethode (C14-Datierung). Diese Technik beruht auf dem Zerfall des radioaktiven Kohlenstoffisotops C14 und ermöglicht eine exakte zeitliche Einordnung organischer Materialien, theoretisch bis zu etwa 50 000 Jahren. Hierzu ist die Entnahme einer minimalinvasiven Probe erforderlich, was in der forensischen Praxis als ein unverzichtbarer Schritt zur Gewährleistung wissenschaftlicher Präzision angesehen wird.
Ethische Überlegungen nehmen beim Umgang mit menschlichen Überresten einen zentralen Stellenwert ein. Es ist von höchster Wichtigkeit, die Würde der Verstorbenen in jeder Hinsicht zu bewahren. Eine Forderung, die sowohl aus humanitären als auch aus wissenschaftsethischen Gründen unabdingbar ist. Sammler und Forscher müssen sicherstellen, dass die Überreste ausschließlich aus legalen und ethisch vertretbaren Quellen stammen. Institutionen, die der Sammlung und Forschung menschlicher Überreste dienen, sollten klare, transparente und international vergleichbare ethische Richtlinien implementieren, um die Einhaltung sämtlicher rechtlicher und moralischer Standards zu garantieren. Menschliche Überreste fungieren nicht nur als biologische Objekte, sondern sind auch Träger kultureller, historischer und symbolischer Bedeutungen. Deshalb ist bei deren Analyse und Präsentation stets eine kulturelle Sensibilität unabdingbar.
Eine lückenlose und detaillierte Dokumentation des Erwerbs, der Herkunft und Untersuchungshistorie der Schädel ist essenziell, um die Nachvollziehbarkeit und Rechtmäßigkeit des Besitzes zu belegen. Dies umfasst neben Kaufverträgen und Herkunftsnachweisen auch wissenschaftliche Gutachten und forensische Analysen. Eine enge Kooperation mit Experten aus den Bereichen Forensik, Archäologie und Anthropologie ist daher unerlässlich, da sie durch ihre detaillierten Bewertungen und Analysen maßgeblich zur Authentizitätsprüfung und zur Feststellung der Legalität beitragen.
Kommt es hingegen zu einem Fall, in dem ein frisch bebanderter Hausbesitzer Jahre oder gar Jahrzehnte nach der Errichtung seines Domizils einen menschlichen Schädel im Garten entdeckt, folgt nahezu zwangsläufig ein umfangreiches Ermittlungsverfahren. Die zuständigen Behörden müssen unverzüglich klären, ob ein strafrechtlich relevantes Vergehen vorliegt, ein Prozess, der beträchtliche Ressourcen und Zeit in Anspruch nimmt. Schädel sollten unter keinen Umständen unprofessionell entsorgt werden. Sollte der Besitzer den Schädel nicht weiter behalten wollen, empfiehlt sich die Übergabe an eine zuständige Institution, um eine ordnungsgemäße, respektvolle und gesetzeskonforme Behandlung zu gewährleisten.
Der Besitz und die forensische Untersuchung menschlicher Schädel erfordern somit eine sorgfältig austariert gewählte Balance zwischen wissenschaftlichem Interesse, ethischer Verantwortung und den strikten gesetzlichen Vorgaben. Durch einen verantwortungsvollen, transparenten und methodisch fundierten Umgang mit menschlichen Überresten tragen wir dazu bei, das kulturelle Erbe zu bewahren und gleichzeitig die unverrückbare Würde der Verstorbenen zu schützen. Auch wenn diese Thematik immer wieder zu hitzigen Diskussionen führt, die nicht selten an eine fast schon revolutionäre Polemik grenzen.
In Deutschland ist der private Besitz eines menschlichen Schädels unter strikter Beachtung der rechtlichen Voraussetzungen grundsätzlich zulässig. Entscheidend bleibt, dass der Schädel nicht aus illegalen Quellen stammt und sämtliche gesetzlich vorgeschriebene Ruhefristen eingehalten wurden. Ob Mediziner, Anthropologen, Studierende, Archäologen oder passionierte Sammler, alle haben legitime Gründe, sich mit dieser Materie auseinanderzusetzen. Die Überprüfung der Legitimität stellt für Ermittlungsbehörden häufig eine Herausforderung dar. Es ist daher von zentraler Bedeutung, mittels visueller Inspektionen, präziser forensischer Präparationsanalysen und bei Bedarf durch den Einsatz radiokohlenstoffbasierter Datierungsmethoden eindeutig festzustellen, dass keine Anzeichen einer modernen Herkunft, wie beispielsweise zeitgenössische Zahnimplantate, vorliegen. Offiziellen Stellen wird geraten, bei Schädeln von historisch oder wissenschaftlich relevantem Wert, die rechtmäßig erworben wurden, nach einer kompetenten vorläufigen Beurteilung von intensiven Ermittlungen abzusehen.
Dieser differenzierte und vielschichtige Blick auf den Erwerb und Besitz menschlicher Schädel bietet einen tiefgehenden Einblick in die zahlreichen Herausforderungen und Anforderungen, die mit dieser Thematik einhergehen. Wissenschaftliche Methodik und rechtlich ethische Überlegungen gehen hier Hand in Hand, um den Respekt vor den Toten zu wahren und gleichzeitig neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu fördern. So stellen wir sicher, dass der Umgang mit menschlichen Überresten stets im Einklang mit den höchsten ethischen und wissenschaftlichen Standards steht. Eine Balance, die zugleich faszinierend, widersprüchlich und bei genauer Betrachtung geradezu polemisch ist.
Erwerb und Besitz menschlicher Schädel – Ein umfassender Leitfaden
(Englische Version dieses Beitrages)
— George A. Rauscher am 06. Februar 2025, Leitfaden zum Umgang mit menschlichen Schädeln 2025, überarbeitete Version
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