Die Identität nach Schwarzfischer in Prozenten: Ein Wissenschaftlicher Überblick
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Friedrich Schwarzfischer (1921–2004) war eine Schlüsselfigur in der heutigen forensischen Anthropologie und Humangenetik in Deutschland. Seine Arbeiten haben die wissenschaftliche Praxis der Identitätsfeststellung revolutioniert und weltweit Anerkennung gefunden. Besonders seine Klassifikationen zur Identitätswahrscheinlichkeit, die er 1992 veröffentlichte, sind heute ein Standard in der forensischen Wissenschaft. Dieser Bericht beleuchtet die Bedeutung seiner Prädikatsklassen und bietet einen umfassenden Überblick über sein Leben und seine wissenschaftlichen Beiträge.
Schwarzfischers Prädikatsklassen zur Identitätsfeststellung
Friedrich Schwarzfischer entwickelte ein System zur Klassifizierung der Identitätswahrscheinlichkeit, das auf mathematischen und statistischen Methoden basiert. Dieses System wurde erstmals 1992 in einem Kapitel des renommierten „Kriminalistik. Handbuch für Praxis und Wissenschaft“ veröffentlicht. Die von Schwarzfischer definierten Klassen sind:
Identität praktisch erwiesen (> 99,72%)
Identität höchst wahrscheinlich (> 99,00% – 99,72%)
Identität sehr wahrscheinlich (> 95,00% – 99,00%)
Identität wahrscheinlich (> 70,00% – 95,00%)
Identität nicht entscheidbar (> 30,00% – 70,00%)
Nichtidentität wahrscheinlich (> 5,00% – 30,00%)
Nichtidentität sehr wahrscheinlich (> 1,00% – 5,00%)
Nichtidentität höchst wahrscheinlich (> 0,28% – 1,00%)
Nichtidentität praktisch erwiesen (< 0,28%)
Diese Klassifikation ist bis heute relevant und bildet die Grundlage für forensische Gutachten, insbesondere bei der Identifikation von Personen anhand von Bildern oder anderen phänotypischen Merkmalen.
Es ist festzustellen, dass nach diesen Vorgaben Menschen anhand von Bildern in der entsprechenden Wahrscheinlichkeit im Vergleich zur Gesamtbevölkerung zu identifizieren sind. Dies bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Person anhand eines Bildes eindeutig identifiziert wird, systematisch in Relation zur Häufigkeit ähnlicher Merkmale in der Gesamtbevölkerung bewertet wird. Die von Schwarzfischer entwickelten Klassen helfen, die statistische Zuverlässigkeit dieser Identifizierungen zu kategorisieren, was für die forensische Praxis von unschätzbarem Wert ist.
Was bedeuten die Zahlen?
Die wenigsten wissen, was diese Klassifikationen in absoluten Zahlen bedeuten. Angesichts dessen habe ich das für Sie einmal detailliert herausgeschrieben. Auch wenn ich es in meiner Arbeit stets vermieden habe, vor Gericht konkrete Zahlen zu nennen, weil dies Missverständnisse hervorrufen könnte, ist es wichtig zu verstehen, was beispielsweise 99,9 % wirklich bedeuten. Diese und andere Zahlenwerte habe ich bereits ausführlich in meinem Blogbeitrag erklärt, um ein klares Verständnis zu schaffen. Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie solche Wahrscheinlichkeiten in der Praxis zu interpretieren sind, lesen Sie gerne meinen Artikel „Sehr wahrscheinlich in Prozentualen Termini“.
Friedrich Schwarzfischer wurde am 31. Dezember 1921 in Petershausen, Oberbayern, geboren. Nach dem Abitur begann er sein Medizinstudium, das durch seine Einberufung zu den Gebirgsjägern während des Zweiten Weltkriegs unterbrochen wurde. Während seiner Zeit an der Ostfront erlitt er eine Verwundung, die es ihm ermöglichte, 1943 an der Universität Halle sein Studium fortzusetzen.
Nach Kriegsende setzte er sein Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München fort, wo er 1949 das medizinische Staatsexamen ablegte und mit einer Dissertation über die „Entstehung und Lösung der Totenstarre“ promovierte. Diese frühe Arbeit legte den Grundstein für seine späteren wissenschaftlichen Beiträge zur Gerichtsmedizin und Anthropologie.
Schwarzfischer arbeitete nach seiner Promotion am Institut für Gerichtsmedizin in München, bevor er 1951 von Prof. Josef Saller an das Institut für Anthropologie in München geholt wurde. Dort spezialisierte er sich auf Blutgruppenserologie und forensische Anthropologie und entwickelte interdisziplinäre Methoden zur Identifikation von Personen.
Im Laufe seiner Karriere veröffentlichte Schwarzfischer zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten und trug maßgeblich zur Etablierung der mathematischen und statistischen Grundlagen der forensischen Anthropologie bei. Er starb am 15. Januar 2004 im Alter von 82 Jahren im Kreise seiner Familie.
Wissenschaftliche Beiträge und Veröffentlichungen
Die wissenschaftlichen Beiträge von Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Friedrich Schwarzfischer umfassen zahlreiche bedeutende Publikationen, die bis heute in der forensischen Praxis Anwendung finden. Diese Arbeiten sind nicht nur von historischem Interesse, sondern haben die Grundlagen für moderne forensische Methoden gelegt. Besonders seine Klassifikationen von Identitätswahrscheinlichkeiten gelten als bahnbrechend und werden weltweit in forensischen Gutachten zitiert.
Neben Schwarzfischers klassischem Ansatz gibt es weitere Untersuchungen, die die Anwendung prozentualer Wahrscheinlichkeiten in der Identifikation von Personen erforschen und vertiefen. Diese Arbeiten erweitern das Verständnis der statistischen Bewertung in der forensischen Praxis und zeigen, wie moderne Techniken diese Konzepte weiterentwickeln. Eine eingehende Analyse dieser Thematik finden Sie in der Publikation „Sehr wahrscheinlich in Prozentualen Termini“, die sich mit den Feinheiten und der Anwendung solcher Wahrscheinlichkeitsklassifikationen beschäftigt. Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Friedrich Schwarzfischer hinterließ ein wissenschaftliches Erbe, das die forensische Anthropologie nachhaltig prägte. Seine methodischen Ansätze zur Identitätsfeststellung setzen heute noch Maßstäbe und unterstreichen seine Rolle als Pionier auf diesem Gebiet. Seine Arbeit bleibt ein unverzichtbarer Bestandteil der forensischen Wissenschaft.
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Friedrich Schwarzfischer ist nun seit über 20 Jahren von uns gegangen, doch seine wissenschaftlichen Erkenntnisse haben eine bleibende Wirkung hinterlassen. Auch heute noch greifen wir auf seine methodischen Ansätze und Forschungsergebnisse zurück, besonders in der forensischen Anthropologie. Seine Arbeiten zur Identitätsfeststellung und die von ihm entwickelten Klassifikationen sind nach wie vor essenziell und werden in modernen forensischen Gutachten weltweit verwendet. Schwarzfischers Vermächtnis lebt in jeder forensischen Analyse weiter. Mit ihm verloren wir einen Wissenschaftler, der in der Nachkriegszeit das Spektrum der Anthropologie in Deutschland maßgeblich mitgeprägt hat.