Identifikation lebender Pesonen nach Bildern oder das Anthropologische Gutachten

Prof. Dr. Rainer Knußmann konzipierte den gegenwärtig verwendeten Standard, welcher im zentralen Lehrbuch “Anthropologie” (Band I/1, Gustav Fischer, Stuttgart, 1980) publiziert wurde. Es existieren fundamentale Prinzipien, Kriterien und Prozeduren für forensische Expertisen sowie Standards für die anthropologische Identifikation lebender Personen anhand von Bildern, die kollaborativ von führenden Experten dieses wissenschaftlichen Fachs entwickelt wurden. Professor Dr. Friedrich Wilhelm Rösing hat in dieser Disziplin prägnant und wegweisend für die notwendigen Verfahrensregeln und Vorgehensweisen agiert und verdient es, an dieser Stelle commendatorisch erwähnt zu werden.
Die Wissenschaft der Foto- und Videoforensik entwickelt sich kontinuierlich weiter, was zu verbesserten Verfahren führt. Die Kenntnis der Morphologie sowie der Gesichts- und Körpermerkmale ist für die Befundung unerlässlich, und das forensische Fachwissen über Fototechnik wie Brennweite, Aufnahmewinkel, Bildverzerrungen und Kompressionsverfahren von entscheidender Bedeutung. In einem Sachverständigengutachten für ein Strafverfahren muss unbedingt darauf hingewiesen werden, welche technischen Aspekte den Inhalt des Gutachtens verfälschen können. Wir arbeiten nach den Richtlinien und Verfahren, die vom ENFSI* mit Sitz beim BKA in Wiesbaden veröffentlicht wurden:
ENFSI-BPM-DI-02, Version 01, June 2018

ENFSI-BPM-DI-01,Version 01, January 2018

Bei einem biometrischen Identitätsgutachten zur Personenidentifizierung sollte gegebenenfalls auch die Herkunft des Beschuldigten berücksichtigt werden, da personentypische Merkmale wesentlich relevant sind. Ein Merkmal kann verschiedene Ausprägungen annehmen, wie zum Beispiel die Form des Nasenrückens: konvex, konkav, wellig oder gerade. Die Verteilung solcher Merkmale in der Bevölkerung ist von Bedeutung, insbesondere wenn die Anzahl der Merkmale gering ist. Die Bedingungen können also je nach geografischer Herkunft und Tatort variieren.
- Identität praktisch erwiesen
- Identität höchst wahrscheinlich
- Identität sehr wahrscheinlich
- Identität wahrscheinlich Identität nicht entscheidbar
- Nichtidentität wahrscheinlich
- Nichtidentität sehr wahrscheinlich
- Nichtidentität höchst wahrscheinlich
- Nichtidentität praktisch erwiesen
- Qualität des Bildmaterials (Fotos, Videos)
- Häufigkeit als auch Seltenheit der feststellbaren Merkmale
Zusammenfassend ist es für einen Gutachter wichtig, sich der Grenzen und Herausforderungen der Identifikation bewusst zu sein und sowohl die Qualität des Bildmaterials als auch die Häufigkeit der feststellbaren Merkmale zu berücksichtigen. Durch die sorgfältige Analyse von Merkmalen und die Kenntnis der Grenzen des Machbaren kann ein erfahrener Sachverständiger die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Identifizierung erhöhen.
Der Begriff “anthropologisches Gutachten” mag heutzutage nicht mehr zeitgemäß erscheinen, insbesondere im Zusammenhang mit der Identifizierung von Personen. Tatsächlich umfasst die Anthropologie zahlreiche Fachgebiete, darunter kulturelle, soziale, linguistische und biologische Anthropologie. Ein Anthropologe lernt im Laufe seiner Ausbildung verschiedene Fähigkeiten, wie Ethnographie, qualitative und quantitative Forschungsmethoden, sowie ansatzweise die Untersuchung von menschlichen Überresten und Skeletten. Obwohl die Anthropologie eine Vielzahl von Themen abdeckt, beschäftigt sich das Studium nur selten mit der Identifizierung von Personen, und wenn, meist nur auf theoretischer Ebene.
Bei der Identifizierung lebender Personen anhand von Bildern handelt es sich zweifelsohne um eine interdisziplinäre Wissenschaft, die man sich hart erarbeiten muss. Die Anatommie des Menschen, dessen Morphologie, dessen Bewegungen stehen der Videotechnik, der digitalen Forensik als auch die notwendige Herangehensweise, bereits gängige Standards , gegenüber.
Ein entscheidender Aspekt dabei ist die neuroplastische Anpassung des Sachverständigen im täglichen Umgang mit Gesichtern. Diese Anpassung kann ausschließlich durch langjährige Erfahrung und konstante, regelmäßige Fortbildung in den Disziplinen der forensischen Anthropologie, forensischen Osteologie und digitalen Forensik erreicht werden. Daher bevorzuge ich, diese Art von Gutachten als “Forensisches biometrisches Identitätsgutachten” zu bezeichnen.
Einige relevante Quellen, die diese Thematik vertiefen, sind:
Komar, D. A., & Buikstra, J. E. (2008). Forensic Anthropology: Contemporary Theory and Practice. Oxford University Press.
In diesem Buch gehen die Autoren auf die Rolle der forensischen Anthropologie in der modernen Gerichtsmedizin ein und erklären, wie die verschiedenen Disziplinen, einschließlich Biometrie und digitale Forensik, in diesem Bereich zusammenwirken.
Spradley, M. K., & Jantz, R. L. (2018). Introduction to Forensic Anthropology. Routledge.
Dieses Lehrbuch bietet eine umfassende Einführung in die forensische Anthropologie und behandelt Themen wie die Identifizierung von Skelettüberresten, Taphonomie und biometrische Verfahren.
Wilkinson, C., & Rynn, C. (2012). Craniofacial Identification. Cambridge University Press.
Dieses Buch konzentriert sich auf die Identifizierung von Personen anhand ihrer kraniofazialen Merkmale und beschreibt Techniken, die in der forensischen Anthropologie und der digitalen Forensik verwendet werden.
Cattaneo, C. (2016). Forensic Anthropology: A Comprehensive Introduction, Second Edition. CRC Press.
Diese umfassende Einführung in die forensische Anthropologie behandelt aktuelle Theorien und Praktiken und erläutert die Rolle der Anthropologie in der Identifizierung von Personen.
Für die Erstellung biometrischer Identitätsgutachten z. B. bei Verkehrsverstößen steht mir selbstverständlich Software zur direkten Falldatei-Bearbeitung aller Hersteller zur Verfügung. An Hand der mir zugesandten Falldatei der jeweiligen Ordnungsämter ist es mir möglich auf alle Mess- und Fotodaten (hochauflösend) zuzugreifen und diese im Gutachten weitaus effizienter auszuwerten (esoDigitales3.Viewer für ESO 3.0, 7.0, 8,0, VITRONIC PoliScan TUFF-Viewer 3.45.2 bzw 3.58.5 für die Systeme M1/M1HP/F1/F1HP/FM1 sowie LEIVTEC Speed Office bei LEIVTEC Messgeräten). So ist mir eine schnellere und effektivere Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden möglich. Hinweise und Informationen zur Abrechnung als Sachverständiger gem. §JVEG können sie hier nachlesen. Es gilt hier eines anzumerken: Ich bin als sachverständiger Ermittler, als Sachverständiger Gutachter stets neutral und gewissenhaft; es gibt keinerlei Gefälligkeitstätigkeiten. Gerichte, Staatsanwälte und Rechtsanwälte können sich hier ausnahmslos auf meine garantierte Neutralität verlassen.
*Das European Network of Forensic Science Institutes (ENFSI) wurde 1995 ins Leben gerufen, um den Informationsaustausch im Bereich der Kriminaltechnik zu fördern und zu verbessern. Derzeit befindet sich die Zentrale des ENFSI beim Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden. Die Europäische Kommission erkennt das ENFSI als monopolartige Organisation im Bereich der forensischen Wissenschaften an.
— George A. Rauscher am 20. Mai 2023
An dieser Stelle möchte ich nochmals explizit hervorheben, dass ich fundamental nicht daran interessiert bin, sogenannte konträre Expertisen zu erstellen. Sollte mir ein Gericht einen entsprechenden Auftrag erteilen, präferiere ich, im Vorfeld nicht in Kenntnis gesetzt zu werden. Mir bekannte Sachverständige in diesem Metier geben kontinuierlich ihr Bestes, und lediglich in raren Fällen hätte ich divergent entschieden.
Quellenangaben: Anthropologie, Handbuch der vergleichenden Biologie des Menschen, Prof. Dr. Rainer Knussmann, 1980, Gustav Fischer Verlag Prof. Dr. Faust, Das Gesicht – und wie es sich im Laufe des Alterns verändert, Arbeitsgemeinschaft Psychosoziale Gesundheit Die vergleichende morphologische Analyse als Identitätsnachweis, Prof. Dr. Rainer Knussmann, 1980, Strafverteidiger 3; S. 127-129 Morphological Classification of Facial Features in Adult Caucasian, Journal of Forensic Sciences, 41 (1996): 786 - 91 Anthropometry of the head and face, 2nd edition, Farkas, Leslie G., New York, Raven Press 1994 Wesen und Methoden der Anthropologie, Rudolf Martin, BD. I, Gustav Fischer Verlag Stuttgart; 1988, 386 - 407 Identifizierung von Tatverdächtigen durch Augenzeugen, Günther Köhnken und Siegfried L. Sporer, 1990 Verlag für angewandte Psychologie Identifizierung von Personen, Wolfgang Thiel, 2006, Verlag Deutsche Polizeiliteratur GmbH Visuelle Personenidentifizierung und polizeiliche Personenbeschreibung, Steffi Burrath, 2009 Verlag für Polizeiwissenschaft Handbuch der Humangenetik, Becker P.E., Thieme Verlag, 1969 Standards für die Identifikation lebender Personen nach Bildern, Grundlagen, Kriterien und Verfahrensregeln für Gutachten, Fassung vom 16. Dezember 2011, veröffentlicht www. Bildidentifikation .de Die videogestützte Bewegungsanalyse zur Identifikation maskierter Tatverdächtiger, Heubrock (2007), Polizei & Wissenschaft 1/2007 Forensische Anthropologie im Dienste der Justizbehörden, Takac Sandor, Akademiker Verlag, 2020 Forensische Anthropologie, Kreuz / Verhoff, 2002 Lehmanns Media Nutzung biometrischer Systeme bei der Polizei, Käpper (2004), Der Kriminalist, Heft 12/04, S. 503-506 CME Zertifizierte Fortbildung, Identifikation lebender Personen auf Bildern, W. Huckenbeck, P. Gabriel, Rechtsmedizin 2013, Springer-Verlag Rechtsmedizin, Dettmeyer, Schütz, Verhof, 2. Auflage 2014, Springer Verlag Forensische Medizin, Hochmeister, Grassberger, Stimpfl. 2. Auflage 2007 Maudrich Verlag Polizeiliche Identitätsprüfung auf Basis vorgelegter Dokumente, Holger Neumann, Verlag für Polizeiwissenschaft Sachverständigenbeweis im Verkehrs- und Strafrecht, Buck, Krumbholz (Rösing), 2. Auflage, NOMOS 2013 Begutachtung im Verkehrsrecht, Stephanie Holley, IFR LMU München, Springer Verlag 2012 Knussmann R. Anthropologie Band 1/1, Gustav Fischer Verlag, 1988 Identifikation, Hunger/Leopold, Verlag Barth, Leipzig 1978 Photo Forensics, Hany Farid, MIT Press, Cambridge, Massachusetts, London, England 2016 Schwarzfischer F., Identifizierung durch Vergleich von Körpermerkmalen anhand von Lichtbildern, Kriminalistik, BD.1, Handbuch für Praxis und Wissenschaft, Boorberg Verlag, 1992 Reche O: Eine neue Methode zur Erleichterung der Beweisführung in Identifizierungsprozessen. Homo (1965) 113-116 Schott C: Identitätsgutachten im Rahmen von Verkehrsdelikten. NZV (2011), 24: 169-172 Zur Anwendbarkeit morphologische Gesichtsmerkmale bei der Identifikation, Hammer, Hunger, Leopold, (1981), KUFW Heft 44/1981 3D Facial Approximation, Hayes, USA 2020 Facial Reconstruction, Clement, Marks, Department of Anthropology (2005), University of Tennessee, ELSEVIER Academic Press, USA